Am 3. Januar 1953 fiel der Startschuss für eine grossen Liebe, die bis heute andauert. Die RAI (Radiotelevisione italiana) hat am besagten Datum offiziell ihre Sendetätigkeit aufgenommen. Für die Italiener bleibt der Fernseher die Hauptfreizeitbeschäftigung und auch die neuen digitalen Konkurrenzinstrumente können ihm bis anhin den Rang nicht streitig machen. Die Statistiken besagen, dass täglich 92% der Italiener im Durchschnitt 270 Minuten fernsehen.
In Italien ist heute das klassische Familiengefüge in die Schieflage geraten, die Geburtenrate eine der tiefsten im industrialisierten Westen und die Anzahl alleinlebender Menschen, v.a. Ältere, steigt kontinuierlich an. So wundert es nicht, dass ein laufender Fernseher, die beste Möglichkeit darstellt, sich «Gesellschaft» zu verschaffen.
Auch beobachte ich ein zunehmendes Misstrauen in den zwischenmenschlichen Beziehungen und so werden die Fernsehmoderatoren(innen) und Talkmaster(innen) zu Freunden oder erweiterter Familie. Dieses Gefühl wird noch verstärkt durch die Wahl der Sendungsnamen in italienischer Sprache, wie «Mezzogiorno in famiglia», «Uno mattina in famiglia» oder «Sabato in famiglia», die Familie thront da erhaben bereits im Sendungstitel! Die jeweiligen Stars werden beim Vornamen genannt, z.B. Barbara (D’Urso), Maria (De Filippi), Milly (Carlucci) oder Carlo (Conti), eben wie gute Freunde!
Seit ihrer Gründung hat das Fernsehen den Verdienst gehabt, Italien sowohl sprachlich wie auch kulturell zu vereinen. Heute hat das Medium mehr einen gesellschaftlichen Verdienst, dass sich die Menschen weniger einsam fühlen. Gut läuft der Fernseher nicht während der Schule im Unterricht – und bei mir kommen ohnehin Sie als Kursteilnehmende zu Wort!